Die Genauigkeit der Rudolphinischen Tafeln von Johannes Kepler von damals und heute

Im Rahmen der Vortragsreihe der Astronomischen Vereinigung Karlsruhe hatte ich gestern die Gelegenheit einen interessanten Vortrag von Jürgen Reichert über die Genauigkeit der Rudolphinischen Tafeln zu hören. Ich möchte die für mich spannendsten Aspekte daraus hier kurz zusammenfassen.

Zunächst wurde Tycho Brahe 1600 von Kaiser Rudolph beauftragt die Rudolphinischen Tafeln zu erstellen. Da er vor der Fertigstellung starb, wurde Johannes Kepler mit der Fertigstellung beauftragt.

Die Rudolphinischen Tafeln sind vergleichbar mit den heutigen astronomischen Jahrbüchern. Mit dem Unterschied, dass die Tafeln nicht angeben wann ein Himmelsobjekt an welchem Ort zu finden ist, sondern lediglich ein Werkzeug darstellen, diese Positionen zu berechnen.
Die Berechnungen beruhen ausschließlich auf den Beobachtungen von Tycho Brahe, obwohl das Werk über einen Zeitraum von 27 Jahren entstanden ist. Aufgrund von Streitigkeiten mit den Erben von Tycho Brahe durfte Kepler dessen Beobachtungen jedoch nicht „verbessern“.

Die Ergebnisse sind sehr beeindruckend, wenn man sich vor Augen hält wie der Wissenstand der Mathematik zu Keplers Zeit war: Dezimalzahlen waren ebenso wie die Keplergleichung noch unbekannt, Kepler arbeitete mit dem Sexagesimalsystem (Einheit = 60) um Positionen in „Grad.Minuten.Sekunden“ abzubilden.

Beim Vergleich der Planetenbewegungen um 1600, berechnet mit den Rudolphinischen Tafeln bzw. heutigen Mitteln (hier den DE405 Ephimeriden, NASA), sind bei heliozentrischer Betrachtung die Abweichungen von Venus, Mars und Jupiter noch innerhalb eines Monddurchmessers. Interessanterweise verschiebt sich die Abweichung für die Venus in 2017 nur in der Länge um ca. 10 Minuten.
Bei geozentrischer Betrachtung sind die Bewegungen von Saturn, Jupiter und Mars recht genau. Bei der Venus fällt auf, dass die Abweichungen grundsätzlich relativ gering sind, jedoch bei der unteren Konjunktion stärker sind und etwa 2 Grad betragen.

Auch die Zeitrechnung ist in einigen Punkten erstaunlich genau: Datum und Uhrzeit des Frühlingsanfangs 2018 berechnet Kepler bis auf ca. 2 Stunden genau. Beim Sommeranfang liegt er sogar nur 25 Minuten daneben. Planetenoppositionen berechnet er ebenfalls relativ genau, im Gegensatz zu schon erwähnten Konjunktionen, bei denen die Abweichung mitunter fast 2 Tage beträgt.

In seinem Werk beschreibt Kepler auch einige interessante Beobachtungen. So z.B. die Bedeckung von Mars durch die Venus im Jahr 1590. Damit ist dies die erste dokumentierte Planetenbedeckung. Diese ist mit heutigen Mitteln auch nachvollziehbar, allerdings nicht mit den Berechnungen der Rudolphinischen Tafeln 😉

Das Fazit des Vortrags ist also: Eine visuelle Beobachtung ist auch heute mit den Rudolphinischen Tafeln noch möglich, genauere Berechnungen von Ereignissen jedoch nicht.

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